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TÜV-Beamtin

Sehr verehrte Gäste!!

Ich bin TÜV-Beamtin und wurde heute Abend hierher bestellt, um eine abgelaufene Betriebserlaubnis bei einem alten Vehikel eventuell zu verlängern.

Bevor ich jedoch mit der eigentlichen Untersuchung beginne, muß ich Ihnen noch einiges über dieses Spezialmodell erzählen:

Es handelt sich bei ihm, wie unschwer zu erkennen ist um ein Vor- oder Nachkriegs- modell, ein Vorläufer der allseits bekannten und bewährten "Lanze Bulldog".

Das Unikat wurde bekannt unter dem Namen "Adam". Dieser Prototyp wurde mit viel Liebe zum Detail hergestellt, so ist auch die relativ lange Produktionszeit von 9 Monaten zu erklären.

Idee und Planung lagen allein beim Brautvater und seiner Frau Vorname Brautmutter, was ja allein schon für Qualität bürgt.

Das Modell hat erst einige Jahre im Verborgenen gestanden, ehe es zum Verkehr zugelassen wurde.

Es ist von einigen Interessentinnen Probe gefahren worden, bevor die jetzige Besitzerin "Eva" ihm eine warme Garage gab.

Der Kaufpreis ist mir leider nicht bekannt, aber er war sicherlich nicht billig, denn er soll nach Aussage der Fahrzeughalterin ja eine Anschaffung fürs Leben sein. Böse Zungen behaupten, er wäre aus Mitleid gekauft worden, weil er schon kurz vor der Verschrottung gestanden hätte.

Wir wollen auch nicht verschweigen, daß er nicht nur zum Vergnügen gefahren wurde, sondern von seiner Besitzerin unter härtesten Bedingungen eingefahren wurde und auch noch wird.

Das hat natürlich Spuren hinterlassen, und um einer drohenden Ausmusterung vorzubeugen, wurden verschiedene Versicherungen zu seinem Schutz abgeschlossen.
Wenn wir uns das Modell heute so ansehen, so ist der optische Eindruck, trotz einiger Kratzer im Lack, noch positiv.

Es handelt sich nicht gerade um ein sportliches Modell, nicht nur wegen der fehlenden Rallye-Streifen, sondern auch der C.W.-Wert läßt so manche Wünsche offen. Durch einige Kavalierstarts sind am Rahmen einige Materialermüdungserscheinungen zu erkennen, die sich jedoch in Grenzen halten.

Stark abgenutzt sind dagegen die Stoßdämpfer, weswegen ein Befahren holpriger Straßen nicht mehr erlaubt werden kann.

Um das Gefährt zu lenken, bedarf es seitens der Fahrerin ab und zu großen Kraftanstrengungen. Dies zeigt sich durch temporär auftretendes Spurfehlverhalten.
Sein Verbrauch liegt deutlich über der DIN-Norm, wobei hier besonders zu erwähnen ist, daß das Modell im Ruhezustand mehr schluckt als im normalen Verkehr.

Der Tiger im Tank ist allerdings nicht erforderlich, denn hier ist er relativ genügsam. Er läuft nämlich wahlweise mit Weizen, Pils. Wein, Sekt, ja sogar mit Kümmel und Korn. Es handelt sich hier um einen sogenannten Allesschlucker.

Der Motor läuft noch rund auf allen vier Zylindern, zeitweise zeigten sich aber Probleme mit der Einspritzdüse, die jedoch nach Aussage der Besitzerin nun wieder behoben sind.
Der Auspuff funktioniert noch prächtig. Der Einbau eines Katalysators erscheint jedoch nicht nur wegen der Steuerbefreiung zweckmäßig, sondern auch wegen des manchmal penetranten Geruchs in der Warmlaufphase.

Zusammenfassend kann man sagen, daß es sich um ein gepflegtes Garagenfahrzeug handelt. Und da so ein Oldtimer doch nicht mehr täglich im Verkehr eingesetzt wird, kann ich ihm ruhigen Gewissens eine Betriebserlaubnis für weitere 10 Jahre erteilen.

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