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der Strohwitwer


Freunde, das Leben ist lebenswert,
wenn die Frau allein in Urlaub fährt.
Es war auf dem Bahnsteig, bevor sie enteilt,
da hat sie mir noch Instruktionen erteilt:
"Mach mir nur keine Eskapaden,
vergiß nicht am Samstag den Dackel zu baden.

Tu jeden Abend die Türen schließen
und alle zwei Tage die Blumen gießen.
Das Goldfischfutter liegt oben im Schrank,
deck dich gut zu, und werd' mir nicht krank.
Am Mittwoch machst du große Wäsche
steh, grade, wenn ich mit dir spreche!"

Ich hab' mich in Positur gestellt:
"Ich will jetzt - ich hätt' gern mein Taschengeld!"
Da meint sie lächelnd: "Mein lieber Knabe,
da muß ich mal seh´n, ob ich Kleingeld habe.
Macht vierzehn Mark in vierzehn Tagen,
fünf Groschen extra, für´s Koffer tragen.

Nun tu nicht gleich den ganzen Haufen
mit leichten Mädchen sinnlos versaufen!"
Der Oberzugführer fing an zu pfeifen,
ich konnt´ mir nur mühsam das Lachen verkneifen.
Der Schaffner ließ die Tür zuknallen,
ich wär´ ihm am liebsten um den Hals gefallen.

Ich lief noch zwei, drei Schritte mit
mein Gott, was fühlte ich mich fit!
0 goldne Freiheit, herrliche Zeit,
die Bahnhofswirtschaft war nicht weit.
Doch wenn du denkst, du hast das Glück,
schon zieht das Biest die Hand zurück.

Denn vor mir stehen, o großer schreck, 
drei Koffer und das Handgepäck!
Der Schaffner meint: "Das ist kein Malheur,
das schicken wir per Expreß hinterher!
Das alles zusammen, das ganze Spiel,
macht vierzehn Mark fünfzig, das ist ja nicht viel."

Aus der Traum vom Wirtschaftswunder,
kein Bier, kein Korn, kein Bommerlunder.
Kein Fahrgeld für den Autobus,
statt dessen Ärger und Verdruß.
Zu Fuß nach Haus durch Wind und Dreck,
dann kam der nächste große Schreck.

Mir wurd´ es kalt, mir stockt der Geist
der Wohnungsschlüssel war mit verreist!
Drei Stunden lang hab ich hantiert,
sämtliche Tricks hab ich ausprobiert!
Die Klinke hab ich abgebrochen,
ich kann euch sagen, ich war am kochen.

Dann ist mir ´ne Idee gekommen.
Ich hab drei Etagen Anlauf genommen.
Treppen runter und gegen die Tür
wie ein wildgewordener Stier!
Und schoß sodann der Länge lang
mit Tür und Rahmen durch den Gang.

Doch da ertönt ein lauter Schrei: 
"Hilfe - Räuber – Polizei!"
Und vor mir steht im Negligé,
dem Bellmann seine Lilofee!
Ganz plötzlich hat´s bei mir geblitzt,
Ich war ´ne Etage zu weit geflitzt!

Nun kommt ja ein Unglück selten allein,
Der Bellmann war Trainer im Judoverein.
Erst guckt er mich an, dann trifft mich ein Schlag,
nach dem ich acht Tage im Krankenhaus lag.
Dann half mir Schlossermeister Klein
endlich in meine Wohnung rein.

Die Zimmerlinde, so ein Brocken,
stand in der Ecke - restlos trocken!
Der Gummibaum, der arme Krüppel,
der war nur noch ein Gummiknüppel.
Die Blätter lagen braun und ranzig
am Boden - Ernte dreiundzwanzig.

Doch unser Tisch aus Mahagoni,
das Erbstück von der Tante Loni,
wie soll ich euch das bloß beschreiben,
war überall am Knospentreiben!
Den hat der Waldi unverdrossen,
dreimal täglich brav begossen.

Laut Befehl von meiner Alten
sollt ich am Mittwoch Waschtag halten.
Wenn ich sowas höre, werd ich wild.
Der hab ich einen Streich gespielt.
Ich laß mich doch nicht so vernaschen,
ich hab am Donnerstag gewaschen.

Bei uns zu Hause steht im Bad
ein 8 Kilo Vollwaschautomat.
Da drinnen hab ich schön sortiert,
den ganzen Plunder deponiert.
Vom Babydoll bis Arbeitskittel
´nen ganzen Eimer Vollwaschmittel
´ne Hand voll Salz noch mit hinein
und dann fiel mir der Waldi ein.

Warum denn immer samstags baden?
Ein Bad jetzt könnt dem Tier nichts schaden.
Nun noch 3 Kilo Hoffmannsstärke
und dann: Glückauf zum frohen Werke!
Waschmaschinen das sind Kisten
für Ingeneure und Optimisten.

Links ist da ´ne große Uhr
für die Wassertemperatur.
Rechts da ist ein großer Schalter:
"Schonwaschgang für Büstenhalter."
Jetzt ein Druck auf die zwei Tasten,
Juppheidi - schon läuft der Kasten!

Auf dem Bildschirm rund und schön,
hab ich mir den Film besehn!
Ein Vollwaschkrimi in Color:
"Der Doppelmord im Abflußrohr!
Ein Stückchen rot, dann wieder blau,
das war der Hut von meiner Frau!

Und im persilgebremsten Schäumchen
da schlägt der Waldi Purzelbäumchen.
Hin und her und auf und nieder,
guckt als wär´ ihm das zuwider.
Ich denk: Nanu? Das ist mir neu,
der ist doch sonst nicht wasserscheu.

Der Apparat macht grade Paus´
ich sage, "Waldi, komm heraus!"
Ich reiß die Tür auf in dem Momang
geht die Maschine auf Schleudergang!!
Was dann geschah, ist kaum zu fassen,
ich kraulte durch die Wassermassen.

Der Waldi kam als Sojus sieben
im Klammerkorb vorbeigetrieben!
Doch was war denn mit dem gescheh´n?
Wer hat schon ´nen schneeweißen Dackel gesehn?
Den ganzen Tag hab ich geputzt,
drei Schrubber dabei abgenutzt,
den Waldi hab' ich auch inzwischen
mit Schuhcreme wieder braun gestrichen.

Und morgen kommt die Alte heim!
Ich fürchte sie wird sauer sein!
Doch laßt sie schimpfen, lamentieren,
mir kann das gar nicht imponieren.
Der sag' ich frech von vornherein:
"Du kannst mich mal im Mondenschein!"
Doch bin ich klug und weise,
und sage dies ganz leise!

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